Das Thema „Zeit“ in der Onkologie von Dr. Walter Weber

Die  Diagnose Krebs scheint auch bei Ärzten eine so große Angst auszulösen, dass sie nicht abwarten, bis der Patient die Diagnose verarbeitet hat, um dann  bei einer Entscheidung mitzuwirken. Das führt zu Hast und Hektik.

Es ist in der Tat so, dass es in der Onkologie bis auf ganz wenige Ausnahmen (akute Blutungen, akute Leukämien, akuter Op-Bedarf o.ä.) keinen  Zeitdruck gibt. Es hat immer mehrere Wochen Zeit, um die Situation von allen Seiten zu beleuchten, um schließlich die für ihn beste Lösung zu finden. Bei einer bestimmten Form des  Prostatakarzinoms z.B. ist Abwarten zu einer Therapieoption geworden („watchful waiting“).

Wenn ich dies meinen Patienten erkläre, so ist die Erleichterung groß. Sie nehmen sich dann die Zeit, mehrere Experten zu befragen, um schließlich eine gute Entscheidung zu treffen. Schließlich ist eine gute Entscheidung besser als eine schnelle Entscheidung. Hinzu kommt, dass in dieser Zeit dem Patienten geholfen werden könnte, den Schock der Diagnose zu verarbeiten. Der Zeitrahmen sollte mit einem erfahrenen Onkologen besprochen werden.

Hinzu kommt ein erheblicher Erkenntnisgewinn für Medizin und Patienten: nur wenn wir Krankheitsverläufe länger beobachten, können wir die biologische Dynamik abschätzen. Nur so konnte bei einer bestimmten Form des Prostatakarzinoms die „Therapieform“ des „wachful waiting“ entwickelt werden.

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